Rückblick auf die Wintersession vom 1. bis 19. Dezember 2025

Budget und Entlastungspaket prägten diese Wintersession. Die Frauenallianz spielte wieder, die «Chaos-Initiative» der SVP blieb ohne Gegenvorschlag und UKW lebt weiter. Keine Solidarität gab es mit Erdbebenregionen, dafür zweifelhafte Entscheide bei SBB Cargo – und ein Signal an die Banken.


Die Budgetdebatte prägt die Wintersession. Zwischen den Räten wird gefeilscht und gerungen, bis wir uns – meistens erst in der dritten Woche – auf ein Budget fürs kommende Jahr einigen. So war es auch dieses Mal (Debatte). Spardruck gab es dank zusätzlicher Unternehmenssteuer-Millionen aus Genf eigentlich keinen. Das Budget, das der Bundesrat vorgelegt hatte, war schuldenbremsenkonform und auch die Mehrausgaben für die Armee – beschlossen im Vorjahr – waren enthalten. Trotzdem gab es wiederum Anträge, bei der Entwicklungszusammenarbeit massiv zu kürzen – was zeigt, dass es den Abbauern ums Prinzip geht. Auch zusätzliche Mittel gegen Gewalt an Frauen mussten hart erkämpft werden, während die Millionen für Weinbau und Landwirtschaft wie immer locker sassen.

Immerhin ermöglichte es der Geldsegen aus Genf mit dem Nachtrag II zum Budget 2025, 100 Millionen zusätzlich in den Bahninfrastrukturfonds zu legen, was auch dem Bahnknoten Basel zugutekommt. Diesbezüglich war der Bericht Weidmann für unsere Region wahrlich kein Aufsteller. Das ganze Herzstück nach hinten verschoben, aufgenommen in die bis 2045 zu realisierenden Massnahmen lediglich Ertüchtigungsarbeiten am Bahnhof SBB und der vom Volk abgelehnte Rheintunnel – aber nicht die kleinste Etappe des Tiefbahnhofs SBB. Als Reaktion haben wir – die kantonalen Regierungen beider Basel und wir nationalen Vertreterinnen – gemeinsam eine abgespeckte Variante vorgelegt (Medienmitteilung). Der Schwerpunkt liegt auf dem S-Bahn-Ausbau, mit einer unterirdischen Verbindung zwischen Bahnhof SBB und Badischem Bahnhof. Diese Durchmesserlinie bringt auch eine oberirdische Entlastung für den internationalen Güter- und Personenverkehr. Wichtig ist nun, dass der redimensionierte Tiefbahnhof SBB in die Botschaft 2027 zum Ausbau der Bahninfrastruktur Eingang findet.

Doch zurück zur Session. Erfreulich ist, dass die Frauenallianz über die Parteien und Räte hinweg wieder eindrücklich gespielt hat. Zum einen beim Ansinnen, den Angehörigen der Armee wieder Taschenmunition mit nach Hause zu geben, das im Ständerat mit den Stimmen aller Frauen klar abgelehnt wurde (Debatte). Zum anderen bei den zusätzlichen 2,5 Millionen Franken für die Prävention von Gewalt an Frauen im Budget 2026. Diese Aufstockung kam auch dank lautstarkem Protest auf dem Bundesplatz und über 500’000 Menschen zustande, die einen entsprechenden Appell unterschrieben hatten (Votum).

Diese Session war im Ständerat noch finanzlastiger, weil wir neben dem Budget auch als Erstrat das Entlastungspaket 2027–2029 zu beschliessen hatten (Debatte). In meinem Eintretensvotum kritisierte ich den Bundesrat dafür, der Aufrüstung der Armee tragende Säulen unseres Landes zu opfern: Forschung, Bildung, Umweltmassnahmen – etwa bei Verkehrsinfrastruktur und Gebäuden – sowie einmal mehr die Entwicklungszusammenarbeit. In der Debatte wehrte ich mich auch erfolgreich dagegen, zulasten der städtischen Zentren in den Finanzausgleich einzugreifen. Und die unverständliche Anpassung des Subventionsgesetzes, das Kultur- und Sozialeinrichtungen aufgeschreckt hatte, hatten wir auf meine Intervention hin schon in der Finanzkommission zur Ablehnung empfohlen.

Immerhin gelang es, die Kürzungen bei den Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu halbieren wie auch beim BIF und dem Gebäudeprogramm. Insgesamt haben wir das Paket um eine Milliarde verkleinert. Das Ziel des Bundesrates ist damit bei weitem nicht erreicht.

Wie weiter? Als Zweitrat ist der Nationalrat am Zug. Er wird in der Frühjahrsession entscheiden, danach werden wir die Differenzen bereinigen – ich dannzumal in meiner neuen Rolle als Präsidentin der ständerätlichen Finanzkommission. Wenn der Nationalrat mehr Kürzungen vornimmt und sich bei der Bereinigung durchsetzt, wird es wohl eine Volksabstimmung geben. Vernünftig wäre, jetzt schon einzusehen, dass der geplante Ausbau der Armee (1% des BIP bis 2032) längerfristig nicht ohne Gegenfinanzierung möglich ist. Es wird Massnahmen auf der Einnahmenseite und eine Anpassung der Schuldenbremse brauchen – z.B. so, wie ich es in einer Motion vorgeschlagen habe.

Ausführlich diskutierten wir im Ständerat auch, ob wir der SVP-Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz», der sogenannten Nachhaltigkeitsinitiative, einen Gegenvorschlag gegenüberstellen wollen (Debatte). Letztlich überzeugte keine der vorliegenden Varianten, weil sie das Kernanliegen der Chaos-Initiative – wie wir sie nennen – aufgenommen hätten. Aber eine fixe Obergrenze für die Zuwanderung kann den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedürfnissen unmöglich gerecht werden. Sie löst kein Problem, schafft aber viele neue. Wenn die Wirtschaft die Arbeitskräfte braucht, würde die Zuwanderung dadurch nicht eingeschränkt, sondern einfach bürokratischer. Und die ländlichen Regionen wären möglicherweise die Geprellten, wenn ihr Nachwuchs nach einer Deckelung der Zuwanderung dem Ruf der städtischen Wirtschaftszentren folgen würde.

Unerfreulich ist, dass die UKW-Frequenzen trotz gegenteiliger Abmachungen nicht abgeschaltet werden sollen (Debatte). Dieselben Privatradios, welche die Umstellung auf DAB+ verlangt und sich selber dazu verpflichtet hatten, machten sich jetzt für eine Verlängerung stark – in erster Linie, weil sie vom vorübergehenden Abfluss von Hörerinnen und Hörern bei SRF dank höheren Werbeeinnahmen auch wirtschaftlich profitieren.

Zweifelhaft war für mich auch das Resultat der Abstimmung über die Kommissionsmotion zu SBB Cargo, die ich in der zuständigen Kommission initiiert hatte und die meine eigene Motion ablösen sollte. Der erste Punkt kann mit der Leistungsvereinbarung zwischen dem Bundesamt für Verkehr und der SBB zum Gütertransport (Medienmitteilung) als erfüllt betrachtet werden. Meine Motion hat dem Bund den Rücken gestärkt. Aber es bleibt Spielraum für weitere Preissteigerungen seitens SBB Cargo, die dazu führen könnten, dass der Güterverkehr wieder vermehrt von der Schiene auf die Strasse verlagert wird. Was dann noch überwiesen wurde, ist nicht mehr als eine reine Willenskundgebung für die langfristige Lenkung des Güterverkehrs in der Schweiz. Deshalb ist die weitere Entwicklung eng zu beobachten. Dass sich die bürgerliche Mehrheit des Parlaments stets gegen ein klares Verlagerungsziel gewehrt hat, bleibt nicht ohne Folgen.

Obwohl viel von Solidarität die Rede war, wurden die für Erdbeben stärker exponierten Regionen im entscheidenden Moment doch wieder im Stich gelassen (Debatte). Dies ist umso enttäuschender, als dieses Mal eine überzeugende Lösung auf dem Tisch lag. Diese sah vor, erst im Schadensfall einen Beitrag aller Hauseigentümer einzufordern – für Schäden, die weder von den Versicherungen noch vom Staat übernommen werden. Aber offenbar hat der Hauseigentümerverband wieder ganze Arbeit geleistet – mit Argumenten frei von Fakten, wie schon bei der Abstimmung über den Eigenmietwert.

Um mit etwas Erfreulichem zu enden: In der vergangenen Frühjahrssession war im Ständerat die Motion Stark, die einen Deckel von 3 bis 5 Millionen für Vergütungen im Bankenwesen verlangte, überraschend an den Bundesrat überwiesen worden. Nach grossem Erschrecken und viel Banken-Lobbying schwächte der Nationalrat die Motion ab. Es sollte allgemeiner vorgeschrieben werden, dass keine falschen Anreize für Boni-Zahlungen bestehen sollten, und dass nur systemrelevante Banken gemeint seien. Die vorberatende Kommission des Ständerates konnte dem zwar nichts abgewinnen, aber meine kleine Minderheit setzte sich in der Wintersession durch (Debatte).

Und damit komme ich zum Ausblick aufs 2026. Nächstes Jahr stehen wichtige Abstimmungen an. Schon im März stimmen wir über die Individualbesteuerung ab, welche die Heiratsstrafe beseitigt und unser Steuersystem den gesellschaftlichen Realitäten anpasst. Gleichzeitig zur Abstimmung gelangt die Halbierungsinitiative, deren Annahme das Ende der SRG als Service public bedeuten würde. Bei beiden Abstimmungen werde ich mich aus Überzeugung und nach Kräften einsetzen.

Im Juni gibt es dann wohl mit der bereits erwähnten Chaos-Initiative einen ersten Test, wie wir unser Verhältnis zu Europa gestalten wollen. Ob wir – einmal mehr – dem Populismus der SVP nachgeben oder ob wir stattdessen eine ernsthafte und sachliche Diskussion über die mit der EU ausgehandelten Verträge führen wollen. Parallel dazu werden wir im Parlament ebendiese EU-Verträge in praktisch allen Kommissionen auf Herz und Nieren prüfen und entscheiden, ob sie dem fakultativen oder dem obligatorischen Referendum unterstehen.

Weitergehen werden auch die aussenpolitischen Diskussionen, angestossen durch die Aktionen des amerikanischen Präsidenten. Wesentlich für unsere Region ist die Situation der Pharmabranche. Die Diskussion über die Medikamentenpreise wird weitergehen, Befürchtungen über die Verlagerung von Arbeitsplätzen stehen im Raum. Nach der einstimmigen Überweisung meiner Motion für die Stärkung des Pharma- und Biotechnologie-Standorts (Debatte) hat der Bundesrat eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Sie soll Lösungen erarbeiten, damit wir weiterhin vom volkswirtschaftlichen Nutzen dieser Branche profitieren (Artikel in der NZZ).

Und damit wünsche ich Ihnen allen ein erfüllendes 2026 und bedanke mich für die wohlwollende Begleitung meiner Arbeit in Bern.

Eva Herzog / 23.12.25