Rid the Grid. Women in Swiss Graphic Design 1900–1980
Vernissage, Samstag, den 14. September um 18 Uhr, Dreispitz, Freilagerplatz 5, Ausstellungsraum der Plakatsammlung.
Grusswort von Ständeratspräsidentin Eva Herzog
Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen der Hochschule für Gestaltung und Kunst, der Schule für Gestaltung und Schürch & Koellreuter.
Sehr geehrte Damen und Herren
liebe Gastgeber und Gastgeberinnen
Liebe Ausstellungsmacher:innen
Liebe Grafikerinnen und insbesondere:
Liebe Frau Jost, liebe Frau Hiestand, liebe Frau Tissi
Als ehemalige Finanzdirektorin des Kantons Basel-Stadt möchte ich gerne mit ein bisschen Bankengeschichte anfangen. Es gab einmal den stolzen Schweizerischen Bankverein mit Sitz in Basel. Im Finanzdepartement hatte ich verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von den goldenen Zeiten bei dieser genuin baslerischen Bank schwärmten. Dies hatte 1998 ein Ende, dann fusionierte die Bank zu ihrem grossen Elend mit der Schweizerischen Bankgesellschaft, einer Zürcher Bank, zur UBS. Und auch wenn die Bank eine Doppelsitz hatte, die wesentlichen Entscheide wurden fortan in Zürich getroffen und auch der Grossteil der Steuern wurde in Zürich eingezogen. Inzwischen, Sie wissen es, ist die UBS noch ein gutes Stück grösser geworden, seit sie die überlebensfähigen Teile der CS geschluckt hat. Was Sie aber vielleicht nicht wissen, es gibt seit über 85 Jahren eine Konstante bei der UBS: Das kunstvolle Hauszeichen der Bank ist sich gleich geblieben, noch immer sind dies die drei gekreuzten Schlüssel des damaligen Bankvereins.
Wussten Sie, dass dieses Signet von einer Frau entworfen wurde? Ich habe es auch erst durch diese Ausstellung erfahren. Warja Lavater hiess die Grafikerin, die dieses Logo entwickelt hat. Sie ist eine der 12 Frauen, die hier vorgestellt werden.
Und es ist nur eine der Überraschungen, die hier auf Sie wartet.
Seit es Grafikdesign gibt, gibt es Grafikerinnen. Das ist ja eigentlich kein sehr erstaunlicher Befund. Und doch ist es so, dass die Grafikerinnen der Vergangenheit im Gegensatz zu vielen ihrer männlichen Berufskollegen kaum bekannt sind. Umso wichtiger finde ich, was die Ausstellung hier an den Tag bringt:
Die Schweizer Grafik wurde von Frauen mitgestaltet und mitgeprägt – und auch in die Welt getragen. Diese Frauen sind keine Einzelfälle, keine Ausnahmen, vielmehr ist ihre Präsenz in der Geschichte der Grafik eine durchgängige. Und mit der Grafik, die sie gemacht haben, haben sie die Lebenswelt in Vergangenheit und Gegenwart mitgestaltet.
Es ist unglaublich, wie vielseitig sie unterwegs waren: Sie haben Plakate entworfen, Signete, Briefköpfe und Inserate – aber auch Kinderspielzeug oder Stickereivorlagen. Vermutlich hat gerade diese Vielseitigkeit ab und zu dazu geführt, dass man sie als Grafikerinnen nicht gleich ernst genommen hat, wie ihre männlichen Kollegen, die eben nicht auch noch Kinderspielzeug gemacht haben.
Mich erinnert dies an die Künstlerin Sophie Taeuber-Arp, der das Kunstmuseum Basel vor einigen Jahren eine grosse Ausstellung gewidmet hat und die ich da erst so richtig entdeckt habe. Auch sie war sehr vielseitig: neben der Malerei hat sie Kleider entworfen, Häuser und Innenräume gestaltet, Marionetten und Häkeltaschen angefertigt ist auch in eigenen Kostümen als Ausdruckstänzerin aufgetreten (Dazu der Beitrag «Auf Augenhöhe: Ton in Ton mit Sophie Taeuber-Arp» der BZ Basel vom 10.9.2024)
Doch zurück zu unserer Ausstellung Es sind 12 spannende Biografien, die es hier zu entdecken gilt: Junge Frauen, die auf der Suche nach Arbeit allein – und ohne Mobiltelefon! – nach Frankreich, Italien oder gar in die USA gereist sind. Frauen, die sich in einem männlich dominierten Umfeld durchgesetzt haben. Frauen, die ein erfolgreiches Atelier UND Familie unter einen Hut gebracht haben.
Diese Ausstellung ist auch ein visueller Gang durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts:
Sie beginnt mit dem Kampf ums Frauenstimmrecht. Man erfährt einiges über Konsumgeschichte – so fährt man zum Beispiel beschwingt mit einer Vespa durch das Italien der 1960er Jahre und erinnert sich etwas wehmütig an das ehemalige Warenhaus ABM. Hier lässt sich gar ein Stück Basler Chemiegeschichte entdecken, haben doch einige der 12 Grafikerinnen für die Grafikabteilung der Geigy gearbeitet.
Vielleicht fragen Sie sich, ob es wirklich nötig ist, dass man heute noch Frauengeschichte macht? Ob es wirklich wichtig ist, einzelne Frauenbiografien hervorzuheben?
Eine rhetorische Frage, die ich laut und deutlich bejahe! Denn noch immer ist die Berufstätigkeit von Frauen weniger selbstverständlich als diejenige der Männer. Noch immer braucht es die Förderung der Frauen im Wirtschaftsleben. Und da ist es umso wichtiger, dass man um die Geschichte von berufstätigen und erfolgreichen Frauen weiss, von Frauen also, wie es diese 12 Grafikerinnen sind. Mich begeistern ihre Geschichten, sie zeigen, dass alles möglich ist – das ist Motivation gerade für junge Frauen, welche die ersten Schritte ins Berufsleben tun. Ihre Geschichten geben Selbstvertrauen und Mut.
Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine weitere Bemerkung: Im Historischen Lexikon der Schweiz gibt es um 24'067 Männerbiografien. Mögen Sie raten, wie viele Frauenbiografien diesen gegenüberstehen? Es sind gerade mal 1246 – knapp 5 Prozent. Es gibt also noch so einiges zu tun.
Umso mehr freue ich mich, heute diese Ausstellung über 12 aussergewöhnliche Grafikerinnen miteröffnen zu dürfen. Ich wünsche Ihnen viele spannende Eindrücke und danke für die Aufmerksamkeit.