Forum Basiliense
Lecture mit dem Philosophen Omri Boehm
Freitag, 1. November 2024, 18h
Eine Veranstaltung der Universität Basel in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Basel und dem Theater Basel im Foyer des Theater Basel
Sehr geehrter Herr Professor Omri Boehm
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter aus der Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
Meine sehr geehrten Damen und Herren
Sehr gerne richte ich ebenfalls ein paar Worte an Sie. Dies gibt mir die Gelegenheit, meiner Freude Ausdruck zu verleihen, dass es das «Forum Basiliense» gibt. Dass heute – nach der ausgezeichneten ersten Veranstaltung mit Lea Ypi vor einem Jahr – nun die zweite öffentliche Lecture stattfindet.
Als Präsidentin von «LiteraturBasel» freue ich mich natürlich ebenfalls sehr darüber, dass wir diesen Anlass mit der Universität und dem Theater Basel gemeinsam durchführen dürfen.
Ich war schon immer zutiefst überzeugt: Die Universitäten sind nicht allein für Forschung, Innovation und Ausbildung da. Die Reflektion über gesellschaftliche Verhältnisse, die Analyse und die Einordnung gesellschaftlicher Entwicklungen ist eine genauso zentrale Aufgabe der Universitäten. Die Gesellschaft, die Wirtschaft und ganz besonders auch die Politik sind auf den Austausch mit den Universitäten angewiesen. Für gute politische Entscheide braucht es das kritische Mitdenken und den wissenschaftlich begründeten Einspruch.
Die Universität Basel – als Forschungsuniversität – ist prädestiniert, ihre Expertise aus ihren Mauern hinauszutragen. Das «Forum Basiliense» ist ein konkreter Schritt, diesem Anspruch gerecht zu werden. Aber was heisst das genau? Sollen die Professor:innen der Gesellschaftswissenschaften Politik machen? Das ist ja nun auch nicht gemeint, das haben wir in diesem Jahr im Zusammenhang mit dem Konflikt im Nahen Osten beispielhaft erlebt.
Wie sich die Vertreter:innen der Universität in den gesellschaftlichen Diskurs einmischen sollen, ist also offenbar gar nicht so einfach.
Sich aber zurückzuziehen, halte ich für die falsche Reaktion. Denn – zumindest das habe ICH an der Universität mitgenommen – es sind die wissenschaftlichen Werkzeuge, die eine ruhige, sachliche Beurteilung auch gegenwärtiger Entwicklungen ermöglichen und populistische und interessengeleitete Argumentationen entlarven können. Dies, indem sie die Herkunft, die Quelle der Verlautbarungen benennen und die Ereignisse historisch einbetten.
Meine Damen und Herren
Mir war es stets ein Anliegen, die Erkenntnisse der Wissenschaft für die Bevölkerung nutzbar zu machen. Sei es als Koordinatorin beim Verein Frauenstadtrundgang, der von Angehörigen der Uni Basel in den 90er Jahren gegründet wurde oder bei den Podien, die ich in den 90er Jahren in der Kaserne Basel veranstaltet habe.
Beispielswiese eines zum Thema: «Menschenrechte: universell oder kulturell?». Sie stellen fest: Das war laaaange vor den heutigen Debatten über Wokeness und Identitätspolitik.
In den Nullerjahren hielt ich im Vizerektorat Forschung das Fähnlein der Gesellschaftswissenschaften hoch. Das ist wohl auch heute keine einfache Sache. Nichts gegen die Naturwissenschaften und all das, was sie uns gebracht haben: Etwa technologischen und medizinischen Fortschritt und viel Wohlstand. Wer möchte dies missen?
Aber schon bei der Nutzung ihrer Innovationen, dem Umgang damit, fängt es an. Wer bestimmt, wie die hervorgebrachten Innovationen genutzt werden sollen? In einer Demokratie redet die Gesellschaft mit und dafür muss sie informiert sein. Hier ist auch die Akademia gefragt.
Die Universität Basel hat auf die beschleunigten gesellschaftlichen Veränderungen in der Welt reagiert und das „Forum Basiliense“ gegründet – steht in der Einladung zur heutigen Veranstaltung. Es sei „eine Plattform für Forschung und Dialog auf interdisziplinärer Ebene“.
Ich bin froh über diese Initiative – angesichts von starker Verunsicherung allenthalben und der Erosion gemeinsamer Werteordnungen. Was zuerst befreiend war, führt allenthalben auch zu Überforderung, zu einer schon fast verzweifelten Suche nach der guten alten Zeit und nach Vereinfachung, weil alles so kompliziert geworden ist.
Dabei werden selbst die Erkenntnisse der sogenannten exakten Wissenschaften, der Naturwissenschaften, in Frage gestellt. Haben Coronaleugner und Impfgegner zusammen mit hemmungslosen Menschen ohne Anstand und Tabus – ja, ich habe da auch bestimmte Kandidaten für hohe Ämter im Kopf – es tatsächlich geschafft, dass alles nur noch Meinung ist? Dass Fakten nichts mehr gelten?
Natur- und Geisteswissenschaften sind gemeinsam gefragt, ihre Erkenntnisse mit der Bevölkerung zu teilen. Sie bieten unverzichtbare Einsichten und Werkzeuge, um die Herausforderungen der heutigen Zeit zu bewältigen und sowohl gegen Ideologie wie allgemeine Beliebigkeit anzutreten. Und in diesem Sinne freue ich mich sehr auf die heutige Lecture.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Eva Herzog, 1.11.2024