Mit dem ersten Tag der Wintersession endete mein Präsidialjahr. In meiner Schlussrede und im Tagesgespräch mit Radio SRF liess ich das Jahr nochmals Revue passieren (Schlussrede, Tagesgespräch Radio SRF). Es war ein spannendes und forderndes Jahr. Zusätzlich zur Leitung des Ständerats mit einem starken Fokus auf der Aussenpolitik, ein Jahr mit vielen interessanten Begnungen im In- und Ausland. Wo immer möglich und sinnvoll stellte ich jeweils meine Schwerpunkte «Gleichstellung» und «Stärkung der Städte» in den Vordergrund («Tag der Frau» im Bundeshaus am 8. März, Gründung parlamentarische Gruppe Städte). Gemeinsam mit Eric Nussbaumer, der heuer den Nationalrat präsidierte, lenkte ich die nationale und internationale Aufmerksamkeit auf unsere Region (Gemeinsames Interview in der BZ Basel).
Im Vorfeld der wie immer im Dezember stattfindenden Budgetdebatte gingen die Wogen hoch zu einer Medienmitteilung des Bundesamts für Verkehr. Darin stand, dass die Kosten für die geplanten Infrastrukturbauten der SBB für den Ausbauschritt 2035 wohl um satte 14 Milliarden höher ausfallen als bisher veranschlagt. Sofort stellte sich die Frage, was dies für neue Projekte wie den Bahnknoten Basel mit dem Herzstück heisst. Daniela Schneeberger, Nationalrätin FDP Baselland, und ich reichten dazu in unseren Kammern je eine Interpellation ein, worin wir Auskunft zu den Folgen dieser Mehrkosten verlangen (Interpellation Daniela Schneeberger, Interpellation Eva Herzog).
Und dann ging es los mit der Behandlung des Budgets. In meinen ersten Jahren im nationalen Parlament feilschten wir dabei auch immer – aber es ging jeweils eher um punktuelle Erhöhungen am Voranschlag des Bundesrats. Diese Zeiten haben sich geändert: Uns lag in den Finanzkommissionen ein bundesrätlicher Voranschlag vor, der recht akzeptabel war – trotz massiver Aufstockung der Armeeausgaben und dem Plan, dies bis 2035 fortzusetzen.
Aber die Mehrheit der nationalrätlichen Finanzkommission wollte noch mehr Geld für die Armee und zwar 500 bis 600 Millionen Franken zusätzlich – dabei war nicht wirklich klar, wie die zusätzlichen Mittel in dieser kurzen Frist ausgegeben werden sollen. Das hätte sich aber immer noch verkraften lassen, wenn Bundesrat und bürgerliche Parlamentsmehrheit bereit gewesen wären, diese Aufstockungen wie auch die Unterstützung der Flüchtlinge aus der Ukraine als ausserordentliche Ausgaben zu behandeln, was im Falle eines Krieges absolut legitim wäre. Dies wurde nicht getan und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass gleich die Gelegenheit genutzt werden sollte, um bei der internationalen Zusammenarbeit (IZA) schmerzhafte Kürzungen vorzunehmen (Votum in der Eintretensdebatte vom 9. Dezember 2024).
In der Finanzkommission des Ständerats hatten wir uns auf die gleich Erhöhung der Armeeausgaben geeinigt wie der Nationalrat (530 Mio. Franken) – aber mit einer Kürzung der IZA von lediglich 30 Mio. Franken (die Hilfe an die Ukraine ist bereits zusätzlich aus diesem Kredit zu finanzieren), während der Nationalrat eine solche von 250 Mio. vorsah.
Um diese Differenz ging es nun in den drei Wochen bis zur Schlussabstimmung. National- und Ständerat einigten sich schliesslich auf 110 Mio. Franken Kürzung, womit der schlimmste Kahlschlag verhindert werden konnte. Dennoch: Nun werden sich DEZA und SECO ganz aus gewissen Ländern und Projekten zurückziehen müssen. Allein mit Querschnittskürzungen können sie diese Kürzungen nicht umsetzen. Aber das stört die parlamentarische Mehrheit nicht. Derzeit gilt auch bei uns «Switzerland first», Zahlungen ins Ausland sollen reduziert werden.
Das gilt auch für ESKAS, das Stipendienprogramm des Bundes für ausländische Stipendien für Doktorierende und Postdocs. Diese werden im Rahmen eines weltweiten Programms vergeben, von dem umgekehrt auch Schweizer Wissenschaftler:innen profitieren. Im Ständerat konnten wir immerhin den ersten Vorschlag des Nationalrats auf Halbierung (!) von ESKAS stark reduzieren (Votum in der Budgetdebatte). Was diese Reduktion für unsere Wissenschaft und unsere Reputation als neutrales Land bedeutet – international aufgestellt und vernetzt und das sich rühmt für seine humanitäre Tradition – spielt derzeit kaum eine Rolle.
Dazu kommt: Der Fokus auf Aufrüstung scheint darauf zu beruhen, dass sich die Schweiz bis an die Zähne bewaffnen muss und sich danach eigenständig verteidigen kann! Reduitdenken aus dem Zweiten Weltkrieg. Würde sich doch bei all den Armeeexperten im Parlament wenigstens die Einsicht durchsetzen, dass die Schweiz ihre Verteidigungsfähigkeit – falls für nötig erachtet – nicht im Alleingang verbessern kann, sondern nur in Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten.
Ein weiteres gewichtiges Finanzthema war die Abschaffung des Eigenmietwerts (17.400 Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung). Sieben Jahre bastelte das Parlament an diesem neusten Anlauf. Ich habe immer gehofft, dass dieser Kelch an mir vorbeigeht, dass ich mich mit dem Geschäft nicht befassen muss, weil es frühzeitig scheitert…. Denn mir ist bisher kein System gezeigt worden, dass besser ist als der Status Quo – auch wenn dieser auch seine Mängel hat.
Beide Räte hatten unterschiedliche Konzepte entwickelt. Stets war der Streitpunkt, ob tatsächlich der volle Systemwechsel kommt, wie zu Beginn der Diskussionen angekündigt – also inklusive Abschaffung des Eigenmietwerts bei Zweitwohnungen. Das wollt der Ständerat nicht, den Interessen der Tourismuskantone folgend; der Natonalrat schon.
Die Vorlage ging hin und her, mit Abstimmungsergebnissen, die nicht nur Aussenstehende nicht immer verstanden… Schliesslich obsiegte die nationalrätliche Variante inklusive Einführung einer sogenannten Objektsteuer (22.454 Einführung einer Objektsteuer auf Zweitliegenschaften), welche die Einnahmenausfälle in den Tourismuskantonen zumindest teilweise kompensieren soll, obwohl eigentlich niemand an diese Steuer glaubt (Votum). Eine Mehrheit des Ständerates schwenkte auf die nationalrätliche Variante ein, ohne davon überzeugt zu sein, mit der Begründung, das Volk solle das jetzt entscheiden. Und das ist nun der nächste Schritt. Da für die Einführung der Objektsteuer eine Verfassungsänderung notwendig ist, werden wir nicht einmal Unterschriften sammeln müssen...
Aber schliessen wir mit den Erfolgen!
Es gelang uns, zwei gleichlautende Motionen zu versenken, die den Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene unterbinden wollten (24.3511 Kein Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene)
Und kurz vor Sessionsende spielte mal wieder die Frauenallianz: Alle 15 anwesenden Ständerätinnen stimmten sechs Parlamentarischen Initiativen aus dem Nationalrat zu. Dies ergänzen die Antirassismus-Strafnorm (Artikel 261bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches) bei Diskriminierung und Aufrufen zu Hass – neben der sexuellen Orientierung – um die Kategorie Geschlecht (z.B. 21.513 Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts müssen strafbar werden).
Und damit wünsche ich geruhsame Feiertage und alles Gute fürs 2025!
Die Diskussionen werden uns auch im Jahr 2025 nicht ausgehen: über das ausgehandelte Verhandlungspaket mit der EU, über den Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission über den Untergang der Credit Suisse und über die Sparvorschläge im Bundesbudget der nächsten Jahre, ausgehend von der Arbeitsgruppe Gaillard.
Hoffen wir, dass das Jahr 2025 ein friedlicheres werde. Und auf dass die Schweiz dazu ihren Beitrag leiste.