Liebe Genossinnen und Genossen
Mir kommt die Ehre zu, ein paar Worte zu Christoph und Hampe zu sagen, mit denen ich 11 Jahre im Regierungsrat zusammenarbeiten durfte.
Ich beginne mit Christoph. Er hat es sich ja einen Moment überlegt, ob er tatsächlich RR werden wollte, für uns alle war das immer eine ausgemachte Sache. Und es hat sich gelohnt! Für Basel, für uns, die wir mit ihm zusammengearbeitet haben – und für ihn doch auch ein bisschen, oder? Christoph tut sich ja etwas schwer mit Verwaltung, von seinem Naturell her ist er eigentlich Chef eines KMU: gut geführt, gute Löhne und Sozialleistungen etc., effiziente Arbeitsweise und weil er der Chef ist, hat er das letzte Wort… da gäbe es auch kein FD, das 100 Fragen stellt und dessen Stempel man braucht… Das heisst nicht, dass Christoph ein Sololäufer ist, er ist der beste Networker, den ich kenne und ein absoluter Teamplayer.
Und er hat einen klaren politischen Kompass: die Menschen brauchen Arbeit, die angemessen entlöhnt ist, eine bezahlbare Wohnung, das Sozialwesen muss ausgebaut sein, für diejenigen, die durch die Maschen fallen. Um dies zu finanzieren, braucht es eine funktionierende Wirtschaft und eine faire, dh. progressive Besteuerung. Das Geld muss erst rein kommen, bevor man es nach sozialdemokratischen Kriterien verteilen kann.
Und entsprechend ist Christoph in diesem Coronajahr zu Hochform aufgelaufen: jetzt ging es mal wieder um etwas (ohne die Dinge aufzuzählen, deren politische Relevanz Christoph nicht so sieht…), und es durfte – und musste schnell gehen und er war in der entscheidenden Position:
Als Präsident der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz hat er den Bundesräten Parmelin und Maurer einiges untergejubelt, was sie sich vor einigen Monaten nicht hätten träumen lassen. Wenn das Bundesparlament bei den Geschäftsmieten von Anfang an auf die Basler Lösung gesetzt hätte, dann wäre diese Geschichte nicht so peinlich geworden. Und ihr wisst gar nicht, wie sehr die Härtefallregelung seine Handschrift trägt, Scheibe für Scheibe hat er den SVP-Bundesräten, die die Schlüsseldepartemente innehaben, abgetrotzt, der neuste Coup gipfelte in der gemeinsamen Pressekonferenz letzten Mittwoch – Christoph for Bundesrat dachte ich, als da zusah!
Überhaupt der vergangene Mittwoch: am Morgen hat der GR mit deutlichem Mehr dem Gegenvorschlag zur Mindestlohninitiative verabschiedet, ein Paradebeispiel für einen politischen Kompromiss, wie sie für die Arbeit von Christoph typisch sind. Und ich finde, er hat einen sehr schönen Satz gesagt in der Debatte zum Mindestlohn, dem ich aus tiefster Überzeugung zustimme: «Die Stärke unseres Landes beruht auf seinen Gemeinsamkeiten und nicht auf seinen Gegensätzen.» Ein schöner Schlusspunkt bei einem grossen und wichtigen Geschäft, stichwortartig seien weitere Meilensteine genannt:
- In der Amtszeit von Christoph hat die Zahl der Arbeitsplätze in Basel zugenommen und die zuvor überdurchschnittlich hohe Jugendarbeitslosigkeit abgenommen.
- 2011 wurde der Technologiepark Basel eröffnet mit 1400m2, bis 2018 musste er auf 6'400m2 erweitert werden wegen der grossen Nachfrage.
- 30 Mio. Franken genehmigte der GR seit 2015 insgesamt für Innovationsförderung, Christoph gelang es, den Kanton Jura bei der Wirtschaftsförderung neben BL mit ins Boot zu holen.
- Die Anzahl Hotelübernachtungen haben sich in den letzten 10 Jahren von 1 Mio. auf 1.5 Mio. erhöht und die Hotelbetten haben sich fast verdoppelt. Corona hat hier natürlich einen üblen Einbruch beschert – aber das Coronahilfspaket von Basel-Stadt ist vorbildlich für die Schweiz, gepusht von Christoph.
- In Basel wurde die Prämienteuerung der Krankenkassen stets voll ausgeglichen und der Ausgleich wurde stetig ausgebaut – im Gegensatz zu den meisten anderen Kantonen, welche dort ihre Sparpakete ansetzten.
- Die Familienmietzinsbeiträge wurden seit 2012 mehr als verdoppelt auf fast 12 Mio. Franken.
- BS hat 2019 als erster Kanton ein Behindertenrechtegesetz beschlossen, das die Teilhabe von Personen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen, möglichst ohne behinderungsbedingte Einschränkungen
- Basel-Stadt hat seit Oktober 2017 das bis heute modernste Energiegesetz der Schweiz. Faktisch wurde ein Verbot von neuen Heizungen mit fossilen Energieträgern geschaffen. Da die anderen Kantone nicht nachziehen, kommen jetzt über das neue CO2-Gesetz Regelungen, die dem Basler Gesetz in etwa entsprechen – 10 Jahre später!
- Im neuen Gütertransportgesetz von 2015 des Bundes wurden die Wasserwege erstmals Schiene und Strasse gleichgesetzt und damit förderungswürdig – was für die neuen Infrastrukturen im Hafen, Terminal und Hafenbecken 3 von entscheidender Bedeutung ist, für Basel als Logistikstandort wie auch für die Stadtentwicklung – Teamwork beider scheidenden Ex-Kollegen.
Ich hoffe, es fehlte kein Herzensanliegen von dir, lieber Christoph! Auf deine VR-Mandate kann ich nicht auch noch eingehen, ich weiss nur, dass ich froh wäre zu wissen, am einen oder anderen Ort würdest du noch etwas länger weiterwirken…
Aber jetzt heisst es Abschied nehmen vom Regierungsmandat, das bedeutet viel Zeit für Neues! So habe ich dir ein Geschenk bereit gemacht, das du dann bei mir holen kannst, wenn du mich abholst für einen Ausflug in den Jura.
Schneeschuhe! Die hast du noch nicht, meine ich, die muss man aber haben, wenn man im Jura ein «Anwesen» hat, im Winter kann es da tüchtig schneien, das weisst du besser als ich. Und eben, zum Geschenk gehört, dass du mit mir eine Schneeschuhwanderung machst im schönen Jura. Falls die Restaurants wieder geöffnet sind, gehen wir anschliessend im Soleil in Seignelégier essen. Ebenfalls auf meine Kosten, es gäbe auch noch andere Restaurants, aber du bist ja der Meinung, Feinschmeckerrestaurants seien nichts für mich – gut, so kommt es mich billiger!
Damit komme ich zu Hampe. Hampe kenne ich ja auch schon lange. Als ich in den 90er Jahren in der Kaserne gearbeitet habe, da habe ich monatliche Podiumsdiskussionen organisiert, «Denkbar», hiessen die, die waren sehr erfolgreich, sage ich euch. Und das nicht zuletzt, weil ich einen Beirat hatte, in dem wir uns die Themen und Referierenden ausgedacht haben. Da wollte ich gerne noch einen Naturwissenschaftler und habe Hampe gefragt, aber der wollte nicht, ich weiss nicht mehr wieso! Vielleicht weiss er es noch. Ich sehe mich einfach noch im Coop im St. Johann stehen und er sagt einfach nein…
Dann haben wir uns bei der SP wieder getroffen, Hampe als sehr aktives und immer fröhliches Mitglied! Wir haben uns grad verpasst im Grossen Rat, du hast in den vier Jahren, in denen ich Grossrätin war, grad eine politische Auszeit genommen. So sind es die intensiven Jahre im Regierungsrat, die uns verbinden.
Ich denke, so eine Mischung aus Hampe und mir wäre ein recht idealer Politiker oder eine ideale Politikerin: Hampe lässt sich nie aus der Ruhe bringen, er findet, es gibt Schlimmeres als dieses Politikgeplänkel, ist doch oft nur Profilierungsdrang der einen oder unsachliche Machtpolitik der anderen, während ich schon auf 180 bin. Sicher hat er recht - und auch wieder nicht. Hampe konnte mich zur Weissglut treiben – einige von euch auch. Aber wenn es jemanden gibt, dem ich nie wirklich böse sein kann, dann ist es eben auch Hampe. Und das, weil ich weiss, dass er zwar beneidenswert fröhlich, aber kein Leichtfuss ist und dass er seine Sache eben schon macht, seine Ziele hartnäckig und bei noch soviel Gegenwind unerschütterlich vorantreibt - und ins Ziel bringt, was ein paar Beispiele zeigen mögen:
- Basel ist wieder Velostadt – zwischen 2010 und 2019 nahm der Veloverkehr um 45% zu – während Corona sicher noch mehr!!
- Über der Diskussion über die BVB-Million – die zu unrecht so verteufelt worden ist, das kann ich euch gerne jederzeit wieder erklären – ging ganz vergessen, was für ein Schritt für unsere Region es an sich ist, dass zwei Tramlinien wieder über die Landesgrenzen fahren, wie es vor dem ersten Weltkrieg der Fall war. Natürlich hat der starke Franken die Freude auch getrübt – aber auch das kann sich wieder ändern.
- Herzstück: nach jahrelanger Diskussion ist dieses Projekt auch durch seinen unermüdlichen Einsatz doch noch auf die Zielgerade eingebogen.
- Rheintunnel: der Durchgangsverkehr wird auf Autobahnen an der Stadt vorbei geführt, was die Stadt und vor allem die Wohnquartiere vom Durchgangsverkehr entlastet. Im November beschloss der Bundesrat das generelle Projekt für den Rheintunnel und treibt es nun bundesseitig voran.
- Mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Stadt u.a. dank
- Verkehrskonzept Innenstadt
- Rund 90 Begegnungszonen in den Quartieren
- Boulevards entlang des Rheins
- Mehr Grün in der Stadt: Rund 1‘000 zusätzliche Bäume sind in den letzten 12 Jahren gepflanzt worden.
- Neuer Wohnraum dank Entwicklung von Transformationsarealen (Ja zu VoltaNord; Ja zum Hafenbecken 3 und damit auch zur Stadtentwicklungim Klybeck und entlang des Rheins
- Ja, und wieviele Parkplätze Hampe „vernichtet“ hat in seiner Amtszeit, weiss ich gar nicht, er sagt ja immer, unterirdisch seien mehr geschaffen worden…
Dass Hampe nicht jede Verkehrsabstimmung gewann, geschenkt. Aber wenn ich z. B. an den Margarethenstich denke, mein Gott, was wollen die Baselbieter eigentlich? Und beim Landhof? Nun, mein jüngerer Sohn geniesst die klapprige Tribüne als Dach über seinem Pfadiheim gerne noch viele Jahre…
Bauen ist teuer, die Standards in Basel sind hoch, vieles bauen wir wie für die Ewigkeit. Aber eigentlich hat Hampe hier einfach vorweggenommen, was im neuen Beschaffungsgesetz des Bundes jetzt explizit verankert ist: Qualität und Nachhaltigkeit geht vor «Geiz ist Geil»!
Ich habe ja in Sachen Schienen und sonstiger Verkehrsinfrastruktur in den 15 Jahren im RR gemacht, was ein FD so macht: den Rüssel reingehängt und gefragt, wieso das soviel kostet. Hampe hat das stets locker genommen, ich glaube, er war ganz froh ums FD, sah dies quasi als Beitrag zur Führung seiner Chefbeamten an, wenn ich das so sagen darf. Das haben wir gerne gemacht! Und ich nehme an, das hat sich nicht geändert, oder Tanja?
Jetzt sitze ich in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen und werde alles tun, damit die für die Region erreichten Erfolge, zu denen Hampe massgeblich beigetragen hat, nicht gefährdet sind und weitere dazu kommen. Gerne hätte ich diesbezüglich weiterhin auf seine Unterstützung gezählt, aber er will ja kürzer treten – oder anders treten, womit ich bei meinem Geschenk an Hampe bin.
Hampe macht ja im Sommer als Velotouren. Ich fahre auch Velo! Ich lade dich, lieber Hampe auf eine Velotour ins Elsass ein, wenn es schön warm ist und die Beizen wieder geöffnet sind. Wir nehmen die kleine Tour, nur 2 Stunden und machen auf dem Heimweg Halt bei «Chez Lucie» in Hegenheim und nehmen einen Edelzwicker und einen Flammekuchen – oder was du gerne hättest. Und für die Velotouren ohne mich, damit du für die Routenplanung das Handy auf dem Rad montieren kannst, schenke ich dir eine entsprechende Halterung.
Liebe Kollegen, ich bedanke mich für die tolle Zeit, wir hatten bei allen Meinungsverschiedenheiten, die auch dazu gehören, eine Vertrauensbasis, die nicht selbstverständlich ist, weder in der Politik, noch sonstwo, wir haben uns immer unterstützt, wenn es darauf ankam, das war eine tolle Erfahrung.
Nun wünsche ich euch alles Gute und geniesst die neue Freiheit, die durchaus auch etwas für sich hat, ihr seid ja fest entschlossen, noch viel mehr Freiheit haben zu wollen als ich in meinem Nachregierungsleben.
EH/15.1.2021