«Finanzen und Steuern» - die Weichen für die Zukunft stellen

Die Schweiz ist gut durch die Coronakrise gekommen. Die finanziellen Unterstützungsmassnahmen haben gezielt gewirkt und der Mittelweg zwischen Restriktion und Eigenverantwortung hat sich langfristig ausbezahlt. Die Belastung des Staatshaushalts ist verkraftbar, es gibt keinerlei Notwendigkeit für forcierten Schuldenabbau oder Sparpakete. Die Zeit sollte genutzt werden für einen ökologischen Umbau der Wirtschaft. Aufmerksamkeit erfordert auch die Umsetzung der Steuerreform der OECD, deren Ziele ich begrüsse, die aber nicht einseitig zulasten von Schweizer oder Basler Unternehmen gehen sollte.

Die Wirtschaft dient der Gesellschaft und nicht umgekehrt. Die Coronakrise ist eine Chance, das Verhältnis privater Unternehmen zum Staat zu verbessern, haben viele von ihnen doch nur durch staatliche Hilfe überlebt. Und auch für des Heraufbeschwören eines Stadt-Land-Grabens gibt es keinen Anlass, wer in dieser schwierigen Zeit Hilfe brauchte, hat sie erhalten, egal ob in der Stadt oder auf dem Land ansässig. Einer breiteren politischen Öffentlichkeit bewusst geworden ist in dieser Zeit, dass insbesondere im Kulturbereich viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten, über wenig oder keine soziale Absicherung verfügen. Zusammen mit Swissculture sociale und Pro Helvetia versuchen wir hier, Verbesserung zu erreichen.

Die hybriden Arbeitsformen im Kulturbereich sind die Vorboten der Arbeitsweise, welche auch in anderen Bereichen zunehmen wird (befristete Arbeitsverhältnisse, Projektarbeit und Plattformwirtschaft). Die Digitalisierung stellt unsere Sozialsysteme vor neue Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Denn die technologischen Veränderungen sind nicht aufzuhalten. Die Sicherung unserer guten Sozialwerke muss eines unserer wichtigsten Ziele sein, sie bilden die Grundlage für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Die aktive Mitarbeit der Schweiz bei der OECD-Steuerreform begrüsse ich sehr. Der Entscheid der G7- und G20-Staaten, einen Mindeststeuersatz von 15% für Grosskonzerne einzuführen ist vernünftig, wenn es denn gelingt, Techfirmen wie Google, Apple, Amazon etc., welche heute sehr wenig und teilweise gar keine Steuern bezahlen, wirklich zur Kasse zu bitten. Dies würde den Steuerwettbewerb eindämmen und wäre verkraftbar, sofern für alle die gleichen Regeln gelten.
Mit Roche und Novartis ist Basel wiederum besonders betroffen, dass die nationale Umsetzung nicht einseitig zu deren Lasten geht, erachte ich als Aufgabe der Basler Delegation in Bern.

Die Individualbesteuerung ist längst überfällig. Als Mitglied des Initiativkomitees «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» setze ich mich dafür ein, dass jede und jeder einzelne unabhängig vom Zivilstand besteuert wird. Nur die Individualbesteuerung beseitigt sowohl Heiratsstrafe wie Heiratsvorteil bei der Besteuerung und schafft so finanzielle Anreize für die Berufstätigkeit verheirateter Frauen, fördert ihre finanzielle Selbständigkeit und entsprechend eine ausreichende finanzielle Absicherung im Alter.

Der Bundeskasse geht es ausgezeichnet, auch mit der zusätzlichen Verschuldung durch die Coronakrise. Es wurden etwa gleichviel neue Schulden aufgebaut, wie seit der Einführung der Schuldenbremse abgebaut. Sie Schuldenbremse hat funktioniert, sie half der Schweiz, in konjunkturell guten Zeiten den nötigen Puffer zu schaffen für eine Krise, wie wir sie jetzt erleben. Die Schweiz weist eine der tiefsten Bruttoverschuldungen Europas auf. Für Sparpakete ist jetzt kein Platz, dies würde die Erholung der Wirtschaft gefährden. Ganz im Gegenteil: jetzt ist der Zeitpunkt für Investitionen in nachhaltige Infrastrukturprojekte um nach dem Nein zum CO2-Gesetz so schnell wie möglich auf den Pfad zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens zurückzufinden. Die heftigen Regengüsse und Überschwemmungen auf der einen Seite und die Hitzeperioden und Brände auf der anderen Seite des Sommers 2021 sprechen eine überdeutliche Sprache.